not safe – Afghanistan ist nicht sicher! Aufruf zum bundesweiten Aktionstag am 5. Juni 2021: Stoppt alle Abschiebungen nach Afghanistan!

Aufruf zum bundesweiten Aktionstag am 5. Juni 2021:
Stoppt alle Abschiebungen nach Afghanistan!

In Afghanistan herrscht seit über 40 Jahren Krieg und die Sicherheitslage für Zivilist*innen verschärft
sich immer weiter. Bombenanschläge, Mordanschläge, bewaffnete Konflikte und
Selbstmordattentate prägen den Alltag.1
Mit der Corona-Pandemie, einer Pandemie einzigartigen Ausmaßes, hat sich die Situation in
Afghanistan nochmals massiv verschlechtert. Der Großteil der Bevölkerung lebt in Armut und hat
keinerlei Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das Leben ist bedroht von Ernährungsunsicherheit,
fehlender Möglichkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts und damit der Grundversorgung eben mit
Lebensmitteln, Wohnraum und Kleidung. Frauen, Kinder und besonders Schutzbedürftige sind
extrem hoher Gewalt ausgesetzt. Afghanistan ist das unsicherste Land der Welt, die humanitäre Not
hat ein Rekordhoch erreicht.2
Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist auf der Flucht innerhalb Afghanistans und in den

benachbarten Ländern, wo sie als Menschen ohne Rechte leben müssen. Seit Beginn der Corona-
Pandemie sind alleine 1 Millionen Menschen aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt.

Trotzdem hält die Bundesregierung, Bundesinnenministers Horst Seehofer und viele
Innenminister*innen der Bundesländer an monatlichen Sammelabschiebungen nach Afghanistan
fest. Seit Ende 2016 sind mittlerweile über 1000 Menschen mit Sammelabschiebeflügen nach
Afghanistan abgeschoben worden. Abgeschoben werden keineswegs „nur“ „Straftäter“ oder
„Gefährder“, sondern Menschen, die hier seit vielen Jahren in Deutschland leben. Menschen, die
keine Vorstrafen, aber einen festen Arbeitsplatz oder eine Ausbildung in Aussicht haben oder aber
kurz vor der Heirat stehen.
Die Abgeschobenen werden gegen ihren Willen außer Landes geschafft, in ein Land, das viele noch
nie gesehen haben oder nur aus ihrer Kindheit kennen. Ein Land, in dem viele der Abgeschobenen
keine Netzwerke oder Strukturen haben, die sie vor Obdach- und kompletter Mittellosigkeit
bewahren. Abgeschobene leben daher in Afghanistan in akuter Lebensgefahr.
Auch wenn die westlichen Truppen nun angekündigt haben, aus Afghanistan abzuziehen, bedeutet
dies nicht, dass das Land sicher ist. Das Gegenteil ist der Fall: Es ist zu befürchten, dass die
Sicherheitslage sich weiter verschlechtert und geprägt wird von bewaffneten Fraktionen, darunter
der Taliban. Deutschland hat nicht erst durch die seit 2001 stattfindende militärische Beteiligung der
Bundeswehr am Krieg in Afghanistan eine besondere Verantwortung gegenüber den vor diesem
Krieg geflohenen Menschen.
Deutschland hat sich durch das Unterzeichnen der Genfer Konventionen3 vor 70 Jahren und der New
Yorker Erklärung4 von 2016 dazu verpflichtet, Menschenrechte und den Schutz von
Schutzbedürftigen zu gewährleisten. Jedoch lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) die Asylanträge afghanischer Geflüchteter regelmäßig ab und trifft damit auch rechtswidrige
1 https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_march_2021.pdf
2 https://www.visionofhumanity.org/wp-content/uploads/2020/10/GPI_2020_web.pdf

3 https://www.unhcr.org/dach/wp-
content/uploads/sites/27/2017/03/Genfer_Fluechtlingskonvention_und_New_Yorker_Protokoll.pdf 4 https://www.unhcr.org/dach/wp-content/uploads/sites/27/2017/05/New-Yorker-Erkl%C3%A4rung-
Kurzinformation.pdf

Entscheidungen: Über die Hälfte der Ablehnungsentscheidungen des BAMF werden nach Klagen vor
den Verwaltungsgerichten von diesen für unzulässig befunden, aufgehoben und das BAMF
verpflichtet die Schutzbedürftigkeit der afghanischen Geflüchteten anzuerkennen.
5
In Anbetracht der geplanten Innenministerkonferenz im Juni, dem 70-Jährigen Jubiläum der
Menschenrechte im Juli und der anstehenden Bundestagswahlen im September rufen wir alle
Gruppen, Verbände, Organisationen und Einzelpersonen auf, sich gegen Abschiebungen nach
Afghanistan zu positionieren und am bundesweiten Aktionstag gegen Abschiebungen nach
Afghanistan am 5. Juni 2021 teilzunehmen.

Stoppt alle Abschiebungen nach Afghanistan!

Organisiert Proteste, hängt Plakate an die Häuser, Transparente an die Balkone und

rote Drachen aus dem Fenster!

Weitere Informationen, Druckvorlagen sowie Bastelanleitungen für die roten Drachen findet ihr hier:
http://www.afghanistan.not-safe.de.

AfghanistanNotSafe

Materialhinweis ABSCHIEBUNGEN AUD DER FLÜCHTLINGSUNTERKUNFT

Die LAG der Wohlfahrtspflege und der Flüchtlingsrat Hessen haben eine lesenswerte Broschüre mit dem Titel „ABSCHIEBUNGEN AUD DER FLÜCHTLINGSUNTERKUNFT“ herausgebracht:
https://fluechtlingsrat-hessen.de/files/Dokumente%20hfr/Stellungnahmen%20und%20Positionspapiere/Handreichung%20Abschiebungen%20aus%20der%20GU_Digital.pdf

Bezug: Die Broschüre kann – bei Nennung einer Postadresse – beim Projekt Rechtsberatung des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein e.V. als Printversion bestellt werden: beratung@frsh.de

Aufruf des Bündnis Lager-Watch zum Tag des Grundgesetzes am 23.Mai 2021

Bündnis Lager-Watch: Bundesweiter Aufruf "Schutz für Schutzsuchende"
Unterzeichnende Gruppen
Thüringen
Seebrücke Erfurt
Lager-Watch Thüringen
Flüchtlingsrat Thüringen eV
Sachsen-Anhalt
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt
Sachsen
Bon Courage eV
Initiativkreis: Menschen.Würdig.
Mission Lifeline eV
Protest LEJ
Sächsischer Flüchtlingsrat
Seebrücke Leipzig
Rheinland-Pfalz
Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz
Nordrhein-Westfalen
Grundrechtekomitee
Flüchtlingsbegleitgruppe Herford
Forum für Demokratie, Respekt und Vielfalt Haltern am See
Seebrücke Münster
STAY! Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative e.V.
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschist*innen Aachen

Niedersachsen
Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Hannover
Flüchtlingsrat Niedersachsen
Frauen- und Menschenrechte-aktiv (Marita Blessing)
Hannover Solidarisch
No Lager Osnabrück
Seebrücke Lüneburg
Solinet Hannover
Mecklenburg-Vorpommern
Pro Bleiberecht MV
Tikozigalpa Wismar
SJD – Die Falken Mecklenburg-Vorpommern
Greifswald hilft e.V.
Bund Deutscher Pfadfinder_innen Mecklenburg-Vorpommern
Hessen
Hessischer Flüchtlingsrat
AK Asyl Friedrichsdorf eV
Seebrücke Witzenhausen
DaMigra eV
Hamburg
Flüchtlingsrat Hamburg
Brandenburg
Flüchtlingsrat Brandenburg
Berlin
Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF)
Flüchtlingshilfe Iran 2010 eV
Jugendliche ohne Grenzen
No Border Assembly
Seebrücke – Schafft Sichere Häfen
Zusammenleben Willkommen
Bayern
Flüchtlingsrat Bayern
Baden-Württemberg
Aktion Bleiberecht
LEA-Watch Freiburg
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg
Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung
Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in SOLIDARITÄT INTERNATIONAL
Seebrücke Tübingen
Einzelpersonen
Alassa Mfouapon
Bettina Wolpensinger
Dr. Martina Blank, Goethe-Universität Frankfurt
Klemens Roß
Marianne Esders
Maximiliane Brandmaier
Vera Müller
Waltraud Eisenträger-Tomcuk
Wiebke Wuerflinger
Lager-Watch

Leben in Wohnungen statt Unterbringung in Lagern
Wir treten dafür ein, dass Geflüchtete ab dem ersten Tag ihrer Ankunft das Recht haben, selbstbestimmt in einer Wohnung zu leben. Wir wenden uns gegen eine Politik, die Geflüchtete in Lagern unterbringt und damit von einer gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgrenzt bzw. ihre Gesundheit der Pandemie preisgibt. Darum streiten wir dafür, alle Lager zu schließen.

Kontakt

Aufruf unterschreiben
Wer den Aufruf unterschreiben will
Mail an: info(at)aktionbleiberecht.de


Monatliche Netzwerktreffen
Wer auf den Mailverteiler will oder beim nächsten Treffen teilnehmen will
Mail an: info(at)aktionbleiberecht.de

Asylrecht in Deutschland -Forschungsbericht mit düsteren Bild

Presseinformation: Asylrecht in Deutschland: fragmentiert, unübersichtlich, durchlöchert

 Forschungsbericht zeichnet düsteres Bild des Schutzes von Asylsuchenden in Deutschland 5 Jahre nach der „Flüchtlingskrise“

Der Forschungsbericht „Refugee Protection in Germany“ des EU-Projekts RESPOND zeichnet ein düsteres Bild des Menschenrechtsschutzes für Asylsuchende in Deutschland. Die Autorinnen und Autoren sprechen unter anderem von einem „differentiellen Ausschluss“ immer größerer Gruppen aus dem deutschen Asylrecht auf der Grundlage mehr oder weniger willkürlicher Kriterien. Zwar werde das Grundrecht auf Asyl in Deutschland offiziell nicht angetastet, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die vielen gesetzlichen Ausnahmen und Hürden führten jedoch dazu, dass es den Schutz-Standards der Genfer Flüchtlingskonvention und der europäischen Menschenrechtscharta immer weniger entspreche. Auf deutscher Seite arbeiteten Prof. Dr. Sabine Hess von der Universität Göttingen am Bericht mit.

Der 97-seitige Bericht des EU-Projekts „Multilevel Governance of Migration (RESPOND)“ beschreibt die Entwicklung des deutschen Asylsystems seit 2011. Seine Basis bilden neben einer eingehenden Dokumentenanalyse 25 Interviews mit Anwältinnen und Anwälten sowie Beschäftigten von NGOs und Ministerien, außerdem 60 Interviews mit Geflüchteten. „Unser Bericht zeigt, wie unter dem Eindruck der so genannten Flüchtlingskrise von 2015/2016 sowohl der Zugang zum Asylsystem als auch verfahrensrechtliche Standards und menschen- und EU-rechtlich verbriefte Schutzmechanismen des Asylsystems massiv abgebaut wurden“, so Hess. Teils sei dies über Gesetzespakete erfolgt, die immer mehr Gruppen aus dem vollen asylrechtlichen Schutz ausgeschlossen hätten, teils durch die Umsetzung von Verordnungen der Kommunen und Länder.

Nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ging die Beschleunigung der Verfahren auf Kosten von Gründlichkeit, Sachverstand und Verfahrensrechten von Geflüchteten, auch die Unterbringung in Großunterkünften wie den Anker-Zentren und Erstaufnahmeeinrichtungen habe die Chancen der Betroffenen auf ein faires Verfahren stark untergraben. „Entstanden ist ein höchst fragmentiertes, unübersichtliches und durchlöchertes Asylrecht in Deutschland mit stark eingeschränkten Verfahrens- und Schutzrechten“, so Hess. „Eine zivilgesellschaftliche Begleitung von Geflüchteten bleibt deshalb umso notwendiger.“

Der gesamte Bericht in englischer Sprache sowie eine deutsche Zusammenfassung der zentralen Befunde mit Empfehlungen können unter folgenden Link abgerufen werden: https://www.uni-goettingen.de/de/619137.html

Weitere nationale Forschungsberichte des RESPOND-Konsortiums zum Stand des Flüchtlingsschutzes in der Türkei, in Italien, Griechenland oder Österreich sind online verfügbar unter: https://www.respondmigration.com/wp-blog

21.01.2020

RESPOND Projetteam

https://www.uni-goettingen.de/admin/bilder/pictures/1eeea4aa0e1bca0097e5828080701b07.jpg

      Stadtlabor. Migration bewegt the Stadt/Urban lab. Migration moves the City

https://www.uni-goettingen.de/de/stadtlabor%3a+migration+bewegt+g%c3%b6ttingen/605068.html

RESPOND: Multilevel Governance of Mass Migration in Europe and Beyond, https://www.uni-goettingen.de/de/578814.html_______________________________________________

Flüchtlinge:Landesaufnahmeprogramm Schleswig-Holstein

Die Landesregierung hat am 25. September 2018 die Rahmendaten für ein Landesaufnahmeprogramm Schleswig-Holstein für 500 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, aus Ägypten und Äthiopien beschlossen. Der besondere
Fokus des Landesaufnahmeprogramms Schleswig-Holstein richtet sich auf die Aufnahme von Opfern, die traumatisierende Gewalt erfahren mussten. Statt der ursprünglich für das Jahr 2019 angestrebten 125 Aufnahmezusagen konnte 85 Menschen eine zukünftige Perspektive in Schleswig-Holstein in Aussicht gestellt werden. Alle 85 Flüchtlinge nahmen das Angebot der Aufnahme an und sind, aufgeteilt auf vier Linienflüge, inzwischen eingereist. Das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration plant weiteren 415 Flüchtlingen, die nach der Landesaufnahmeanordnung aufgenommen werden sollen, in 2020 und 2021 die Einreise zu ermöglichen.

Die ersten 85 im Zuge des Landesaufnahmeprogramms 2019 in Schleswig-Holsatein Aufgenommenen sind inzwischen auf die verschiedenen Kommunen weiterverteilt worden. Die Liste der Verteilorte befindet sich hier anbei. Wir bitten Initiativen und andere in der Flüchtlingshilfe engagierte Gruppen und Personen nach ihren Möglichkeiten Kontakt aufzunehmen und die Menschen auf ihrem Weg in eine nachhaltige Integration und ein dauerhaftes Bleiberecht zu unterstützen.
Das MILISH hat für den Umgang mit den im Zuge des LAP aufgenommenen Personen eine Handreichung heruasgegeben, die wir hier beifügen.

Der Kompass ist eine weitere Handreichung für die Unterstützungsarbeit für hierzulande Schutz und Zukunft suchende Menschen, die unlängst der Flüchtlingsrat veröffentlicht hat. Sie kann in unserer geschäftsstelle abgefordert werden (office@frsh.de) oder online gelesen und heruntergeladen werden: https://www.frsh.de/publikationen/weitere-publikationen/handreichung-der-kompass-orientierungshilfe-fuer-gefluechtete-und-unterstuetzende-in-schleswig-holstein-dez-2019/

Diese Handreichung trägt bei Einreisen im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms als auch anderen humanitären Aktionen zur Information zu verschiedenen, immer wieder wichtigen Fragestellungen bei und bietet so den Menschen, die zu uns kommen, aber auch den vielen anderen Beteiligten eine erste Orientierung. Die vorgestellten Themen reichen vom Auswahl- und Aufnahmeverfahren über spezifische Unterstützungsangebote bis hin zu den vielfältigen Regelangebote, die den aufgenommenen Personen zur Verfügung stehen. Die Handreichung richtet sich an Kommunen, ehrenamtlich Aktive sowie öffentliche Stellen in privater Trägerschaft, die an dem Gesamtprozess beteiligt sind.

Die Handreichung ist barrierefrei und auch auf der Internetseite des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein unter dem folgenden Link zu finden:

www.schleswig-holstein.de/landesaufnahmeprogramm

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#IranProtests #Internet4Iran

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Dawud Gholamasad| Warum ist der Föderalismus nach dem Subsidiaritätsprinzip ein zentraler Aspekt der Demokratisierung Irans

Dawud Gholamasad

Warum ist der Föderalismus nach dem Subsidiaritätsprinzip ein zentraler Aspekt der Demokratisierung Irans

In diesem Beitrag möchte ich die Notwendigkeit der Dezentralisierung der staatlichen Organisation im Sinne des Föderalismus nach dem Subsidiaritätsprinzip als einen unverzichtbaren Aspekt der Demokratisierung Irans diskutieren. Mit der Dezentralisierung und Demokratisierung der Entscheidungs- und Zwangsbefugnisse soll zugleich nicht nur die Effektivität der staatlichen Organisation gefördert werden, sondern auch die nationale Solidarität der Iraner. Die Förderung dieses Zusammengehörigkeitsgefühls hilft, bei Anerkennung ihrer ethnischen Vielfallt als kultureller Reichtum des Landes, die gegenwärtige Tendenz zur Ethniesierung sozialer Konflikte zu überwinden. So soll eine mehr stabile Balance zwischen zentrifugalen und zentripetalen Kräfte hergestellt werden, die bis jetzt als erlebte Furcht- und Wunschbilder der involvierten Menschen, einer Überwindung der territorialen Disparität der Entwicklung im Wege gestanden haben.

Was bedeutet Föderalismus nach dem Subsidiaritätsprinzip

In der Regel wird Demokratisierung gleich gesetzt mit einer der Aspekte ihrer institutionellen Formen. Sie wird reduziert auf die Institutionalisierung des Parlamentarismus einer Parteiendemokratie, die mit der Gewaltenteilung die Volkssouveränität garantieren soll. Mit dieser Reduktion werden nicht nur die funktionalen und sozial-habituellen bzw. personalen Aspekte ihrer Entstehung und Erhaltung vernachlässigt, die ich in anderen Beiträgen öfters diskutiert habe. Auch die Relevanz des territorialen Aspekts einer institutionellen Demokratisierung wird nicht angemessen gewürdigt. Der Berücksichtigung dieses Aspekts der Demokratisierung kommt vor allem in den multiethnischen Staatsgesellschaften besondere Bedeutung zu, die in Europa durch die föderative Organisation des Staates nach dem Subsidiaritätsprinzip ihre mehr oder weniger stabile Lösungsform gefunden hat. Denn der Föderalismus ist eine der unverzichtbaren Demokratisierungsaspekte der Vergesellschaftung der modernisierten Staatsgesellschaften, die durch die Zersetzung und Auflösung der früheren Integrationseinheiten wie Stämme und dörflichen Gemeinschaften im Zuge der Modernisierungsprozesse entstanden sind. Als ein komplementärer Prozess der Verstaatlichung der nomadisch geprägten Gesellschaft, verläuft die Vergesellschaftung der zentralisierten Staatsgesellschaft durch seine föderative Reorganisierung im Laufe der Demokratisierungsprozesse. Dabei wird mit dem Subsidiaritätsprinzip einer Ethnisierung der Problemlösung sozialer Konflikte einer Absage erteilt, die bei der territorialen Demokratisierung des Staates die Menschen eher als Kollektivmitglieder begreift, als einzelne Staatsbürger mit gewisser ethnischer Herkunft.

Was bedeutet Subsidiaritätsprinzip

Mit der Modernisierung der Gesellschaft geht eine soziale Differenzierung einher, die vor allem mit der zunehmenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die zuvor vorherrschende Formen der sozialen Integration der Menschen wie Stämme und dörfliche Gemeinschaften auflösen. Diese zunehmend mit der Urbanisierung der Lebenszusammenhänge der Menschen einhergehende Desintegration früherer Integrationseinheiten bedeutet aber lange nicht ihre emotionale Entbindung davon. Sie bestimmen weiterhin ihre Wir-Identität, deren Balance zu ihrer Ich-Identität zugunsten der ersteren neigt, solange sie noch nicht demokratisch als gleichberechtigte und gleichwertige Staatsbürger integriert werden. Dies verhindert die mehrstufige soziale Integration der entwurzelten Menschen und verschärft die Ethnisierung sozialer Konflikte, die sich aus der unübersehbaren territorialen Disparität der Entwicklung ergibt. Als eine Begleiterscheinung der Verstaatlichung der Gesellschaft und Nachhinkeffekt der emotionalen Integration ehemaliger Untertanen mit verschiedener ethnischer Herkunft, wird diese regionale Vernachlässigung der Entwicklung aber als ihre ethnische Diskriminierung erfahren. Durch die Personifizierung der sie vernachlässigende Zentralmacht als „Perser“, erscheint ihnen eine selbst unterdrückte Gruppe als ihr etablierter Unterdrücker. Diese personifizierte Wahrnehmung der von Zentralmacht marginalisierten Gruppe verschärft die Ethnisierung ihres demokratischen Kampfes für die föderative Autonomie der ethnisch geprägten Regionen. Dabei verwechseln sie ihre wahren Peiniger.

Der undemokratische und extrem zentralisierte Staat, bekämpft jeglichen Protest gegen territoriale Disparität der Entwicklung und jede regionale relative Autonomiebestrebung im Sinne einer demokratischen Integration der Staatsbürger als Separatismus. Dies verstärkt die Ethnisierung sozialer Konflikte, die mit deren Eskalation die Gefahr territorialer Zerfallsprozesse enorm erhöhen wird. Ein Problem, das durch eine Dezentralisierung des Staats nach dem Subsidiaritätsprinzip produktiv und effektiv gelöst werden kann. Das Subsidiaritätsprinzip besagt nur, dass Aufgaben möglichst von den kleinsten zuständigen Einheiten in einer mehrstufigen Integrationseinheit der Staatsgesellschaft übernommen werden soll. Übergeordnete Einheiten sollen nur dann eingreifen, wenn die unteren Einheiten es nicht können. Demnach bieten Übergeordnete Einheiten nur Unterstützungsleistungen, die jedoch oft von den Zentralregierenden als ein emotional unerträglicher Funktionsverlust erlebt und bekämpft wird.

Deswegen setzt eine solche demokratische Reorganisierung des Staates die Einsicht in die Notwendigkeit der Dezentralisierung der Herstellung und des Betriebes allgemeiner Reproduktionsbedingungen der Gesellschaft voraus. Demnach darf eine höhere staatliche oder gesellschaftliche Einheit erst dann helfend eingreifen und Funktionen an sich ziehen, wenn die Ressourcen der untergeordneten Einheiten nicht ausreichen, diese Funktionen wahrzunehmen. Diese Dezentralisierung nach dem Subsidiaritätsprinzip vollzöge sich also durch eine Delegation der staatlichen Aufgaben nach unten, so dass sie soweit wie möglich von der unteren Ebene bzw. kleineren Einheit wahrgenommen werden.

Dieses Prinzip beschränkt sich deshalb nicht nur auf die staatliche Verwaltung, wie sie in den vor- und nachrevolutionären Verfassungen vorgesehen und zentralgesteuert mehr schlecht als recht umgesetzt wurde. Es umfasst alle für die Herstellung und des Betriebes der allgemeinen Reproduktionsbedingungen der Gesellschaft notwendigen Funktionen, wie in „Daseinsvorsorge“, Rechtsprechung auf ihrem Instanzenweg und im Bereich des Sozialrechts, die Almosen ersetzen soll. Auch Bildung und Ausbildung gehören zur föderativen Kulturhoheit der unteren Gliedereinheiten eines territorial demokratisierten Staates. All dies dient, im Sinne der Solidarität aus freiheitlicher Perspektive, dem sozialen, territorialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt der Menschen als Staatsbürger in einen normativ modernisierten Nationalstaat. Dies unterscheidet sich grundsätzlich von der traditionellen territorialstaatlichen Integration ethnischer Gruppierungen, in deren jeweils autonom regierten regionalen Einheiten ethnische Außenseiter unter unvermeidlichen Assimilationsdruck geraten. Um jede Angleichung einer gesellschaftlichen Gruppe an eine ethnisch dominante Gruppe unter Aufgabe eigener Kulturgüter zu vermeiden, müssen Staatsbürger eher als Rechtsgenossen subsidiär föderativ organisiert werden – und nicht als ethnische Genossen.

Hannover, 07.07.2019

https://gholamasad.jimdo.com/kontakt/

Niedersächsische Anwendungshinweise des § 25a und § 25b Aufenthaltsgesetz für gut integrierte Jugendliche und Erwachsene

Niedersächsische Anwendungshinweise des § 25a und § 25b Aufenthaltsgesetz für gut integrierte Jugendliche und Erwachsene

https://www.nds-fluerat.org/39033/aktuelles/niedersaechsische-anwendungshinweise-des-%c2%a7-25a-und-%c2%a7-25b-aufenthaltsgesetz-fuer-gut-integrierte-jugendliche-und-erwachsene/

Am 3. Juli 2019 hat das niedersächsische Innenministerium an die Ausländerbehörden umfangreiche Anwendungshinweise zur Erteilung des §25a und §25b Aufenthaltsgesetz geschickt.

Im Rahmen der niedersächsischen Erlasse werden einige Unklarheiten beseitigt. Viele Aspekte der Erlasse sind zu begrüßen und eröffnen langjährig hier lebenden Jugendlichen und Erwachsenen den Zugang zu einer sicheren Perspektive. Die Bleiberechtsregelungen bieten die Chance, viele Menschen aus der (Ketten-) Duldung oder anderen prekären Aufenthaltsformen herauszuholen und ihnen stattdessen über einen sicheren Aufenthaltsstatus langfristige Perspektiven und Stabilität zu ermöglichen. Dies sollte erschöpfend genutzt werden.

Auf Einzelheiten der Erlasse werden werden wir in Kürze im Rahmen von Arbeitshilfen eingehen, welche die Handhabung in der Praxis vereinfachen sollen.

Zu den Anwendungshinweisen § 25 a Aufenthaltsgesetz

§ 25 a Aufenthaltsgesetz eröffnet gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden die Möglichkeit eines stichtagsunabhängigen Bleiberechts bereits nach vierjährigem ununterbrochendem erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet. Weitere Vorraussetzung ist, dass die Jugendlichen in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besuchen oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben haben und auch für die Zukunft eine positive Integrationsprognose gestellt werden kann.

Darüber hinhaus können auch die Eltern, Geschwister und/oder minderjährigen Kinder der gut integrierten Jugendlichen ein Aufenthaltsrecht erhalten, sofern die Voraussetzungen vorliegen.

Zu den Anwendungshinweisen § 25 b Aufenthaltsgesetz

Der Runderlass „Hinweise zur Anwendung des § 25b des Aufenthaltsgesetzes; Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration“ richtet sich an nachhaltig integrierte erwachsene Geduldete. Einzelpersonen gelten in der Regel nach acht und im Familienverbund lebende Personen in der Regel nach sechs Jahren Voraufenthaltszeit in Deutschland als nachhaltig integriert, sofern weitere Voraussetzungen erfüllt werden. Weitere Voraussetzungen sind insbesondere die überwiegende Lebensunterhaltssicherung, A2-Deutschkenntnisse, der regelmäßige Schulbesuch der Kinder, etc.

Leitfaden zur Zusammenarbeit der Ausländerbehörden mit dem BAMF bei der Überstellung im Dublin-Verfahren

Es gibt einen neuen Leitfaden zur Zusammenarbeit der Ausländerbehörden mit dem BAMF bei der Überstellung im Dublin-Verfahren. Die Datei wurde gestern auf fragdenstaat.deeingestellt:

https://fragdenstaat.de/anfrage/leitfaden-dublin-verfahren-2/385313/anhang/ABH-LeitfadenDublinverfahrenStand20.03.2019.pdf

Der 31-seitige Leitfaden enthält Hinweise zu Zuständigkeiten, Bearbeitungshinweise für Aufgriffsfälle, zum Ablauf des Verfahrens selbst, zu Bescheiden, Rechtsbehelfen zu unbegleiteten Minderjährigen, zu Kirchenasyl, zur freiwilligen Ausreise u.a.

Es liegen auch zwei Anlagen vor:

– Hinweise zur ausnahmsweisen Familientrennung bei Chartermaßnahmen:

https://fragdenstaat.de/anfrage/leitfaden-dublin-verfahren-2/385313/anhang/ABH-LeitfadenAnlage_02_HinweisblattzurgetrenntenFamilienberstellungbeiChartermanahmen.pdf

– das Formblatt „Überstellungsmodalitäten“

https://fragdenstaat.de/anfrage/leitfaden-dublin-verfahren-2/385313/anhang/ABH-LeitfadenAnlage_01_berstellungsmodalitten.pdf